Krakau und Auschwitz 2016

Bevor es jetzt mit dem Abi so richtig losgeht, waren wir noch auf Kursfahrt in Krakau. Und das war doch ziemlich gut, eigentlich sehr gut. Von der Fahrt erwarteten wir nicht so viel, da es uns eigentlich mehr in den Süden und ans Meer zog. Aber das ging nicht, steigende Flugpreise machten uns einen Strich durch die Rechnung. Krakau war für uns dann eher eine Notlösung, und viele befürchteten, dass es eine eher langweilige Stadt ist.

War sie aber nicht – überhaupt nicht! Anders als erwartet ist Krakau echt eine superschöne Stadt, viel Historisches, das Königsschloss auf dem Wawel, die mittelalterlichen Tuchhallen, und die vielen Pferdekutschen wie in Wien waren ein faszinierender Anblick. Für diejenigen, die weniger Interesse daran hatten, waren die Shopping-Malls eine guter Ausgleich. Die vielen jungen Leute und ein irres Nachtleben auf den Straßen vermittelten eine Stimmung wie im Süden.  Ein Viertel der Einwohner Krakaus sind Studenten. Die Universität ist eine der ältesten Europas, gegründet 1364, ihr berühmtester Student war Nikolaus Kopernikus. Wir konnten den ersten Globus bestaunen, auf dem Amerika gezeigt wurde – wenn auch noch etwas sehr verzerrt.

Gewohnt haben wir in Apartments – sehr witzig, mit vielen Antiquitäten, Schnörkeln und Häkeldeckchen, aber auch mit der Möglichkeit selber zu kochen. Vor allem aber waren sie mitten in der Altstadt: Wir konnten alles leicht zu Fuß erkunden, die Sehenswürdigkeiten, die vielen Bars und Cafés, wo man abends schön draußen sitzen konnte. Und auch Wechselstuben waren direkt nebenan: Geld zu tauschen war für die meisten von uns eine völlig neue Erfahrung.

 

Dann aber die deutsche Geschichte, der Nationalsozialismus und die Besetzung Polens. Über den NS wussten wir natürlich schon einiges, auch darüber, dass die „slawischen Völker“, wozu auch die Polen zählen, als minderwertig betrachtet wurden. Aber wir wussten nicht, dass sofort nach der Besetzung im Spätsommer 1939, fast die gesamte Führungsschicht Polens, zehntausende Intellektuelle, Wissenschaftler, Ingenieure, Lehrer, Beamte, Priester verhaftet und ermordet wurde. Auch in der alten Universität wurden im November 1939 alle Professoren zusammengerufen, angeblich um über die Pläne der Nazis informiert zu werden. Alle wurden festgenommen, die meisten ermordet. Drei Millionen Polen wurden als Zwangsarbeiter ins Deutsche Reich deportiert. Insgesamt kamen über 5 Millionen Polen im zweiten Weltkrieg ums Leben, und das obwohl der Krieg gegen Polen selbst nur ein paar Wochen dauerte.

Dann natürlich der Holocaust: Wir waren vorbereitet, hatten schon viel gelesen oder gesehen, etwa den Film „Schindlers Liste“, der ja in Krakau spielt. Aber es ist etwas ganz anderes vor Ort zu sein, durch das jüdische Viertel Kazimierz zu laufen, das Spielberg als Kulisse nutzte, oder eben Auschwitz zu besuchen. Das war heftig! Jeder verarbeitete es auf seine eigene Weise: Als man über dieses riesige Gelände lief, die Ruinen der Krematorien und Gaskammern sah und auch durch die einzig noch erhaltene wortlos durchging; oder als etwas über die Experimente von Mengele an Kindern berichtet wurde; oder als man vor einer Grube mit Asche von zehntausenden Menschen stand – Asche von insgesamt 1,2 Millionen hier ermordeter Menschen, die die Nazis nicht mehr in die Flüsse schütten konnte, um alles zu vertuschen. Man kann dies alles gar nicht richtig realisieren.

Am Abend haben wir dann in einem typisch polnischen Restaurant gegessen. Das war gut, um die Erlebnisse des Tages sacken zu lassen. Und die polnische Küche ist schon anders: Verschiedenste Piroggen (Teigtaschen), viel Sauerkraut und eine Suppe, die in einem kompletten Brot angereicht wurde.

Entspannt haben wir aber auch: Am letzten Tag sind wir in die Berge gefahren, an den Rand der Hohen Tatra nahe der Grenze zur Slowakei. Knapp 3000 Meter sind die Gipfel hier hoch. Mit dem Floß sind wir durch ein wirklich wunderschönes Tal gefahren, der sogenannte Durchbruch des Dunajca Flusses. Zwei Flößer haben die Arbeit gemacht, während wir die Beine hochgelegt haben. Später hieß es dann, ab in den Fluss, das Wetter war super!

Den letzten Abend haben wir zwar nicht alle zusammen, aber jeder für sich noch schön verbracht – draußen in einem der hübschen Cafés, schlendernd durch die Altstadt oder durch das jüdische Viertel, wo Klezmer-Bands vor den Restaurants spielen. Am nächsten Morgen ging es zurück nach Bremen – eigentlich viel zu früh!

SOZ-Profil Q2