Das Gymnasium Links der Weser hat spontan gemeinsam mit dem BGO ein Zeichen für Frieden und Solidarität aufgrund des Krieges in der Ukraine gesetzt. Am Freitag, den 11.03.2022 wurde eine Menschenkette um die Gebäude des Bürgerhauses und des Gymnasium LdW veranstaltet, von der der Weser-Kurier unter der Überschrift „Viele von uns haben Angst“ am 12.03.2022
(auch digital) wie folgt berichtete:

„Viele von uns haben Angst“
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Obervieland. Evelyn steht mit ihrer Ukraine-Fahne als eine von etwa 700 Jugendlichen und Erwachsenen in einer Menschenkette für den Frieden rings um das Bürgerhaus und das Gymnasium in Obervieland. Fahnen wie ihre sind zurzeit häufiger auf Demonstrationen gegen den Krieg in der Ukraine zu sehen. Doch für die Sechstklässlerin bedeutet sie vielleicht noch etwas mehr als für andere vor Ort: „Ich bin halb ukrainisch und halb russich“, erklärt die Elfjährige ihren familiären Hintergrund. Daher sei es an diesem Freitag „wichtig für mich, hier zu stehen, denn viele wollen den Frieden.“
Viele Nationen – eine Gemeinsamkeit
Ihre Klassenkameraden haben ebenfalls ­Fahnen ihrer Herkunftsländer dabei, 13 verschiedene – von der türkischen bis zur polnischen Nationalflagge – wehen im Wind. An der Schule sind über 50 verschiedene Nationen vertreten, erklärt Schuleiter Uwe Sudmann, im Stadtteil sind es sogar über 100. „Da ist ja klar, dass bei uns der Ukraine-Krieg kontrovers diskutiert wird“, findet er. Aber allein der Umgang damit, wenn unterschiedliche Ansichten aufeinanderprallen, sei entscheidend.
Respektvoll müsse der Austausch der Meinungen sein, „das üben wir, denn das ist der Kern unserer Demokratie“, so der Schulleiter. Gemeinsamkeiten zu finden, helfe über die Meinungsverschiedenheiten hinweg, schildert er seine Erfahrung. „Alle eint, dass wir keinen Krieg wollen und für Frieden einstehen auf der ganzen Welt“, so ruft er es durchs Megafon während der kurzen Kundgebung, bevor die Menschen sich um die Häuser verteilen.
Zeichen für den Frieden
Seinen Schülern hatte er freigestellt, ob sie an der relativ spontan vom Bürgerhaus und Schulleitung organisierten Menschenkette teilnehmen wollen. „Die meisten sind gekommen“, freut sich Sudmann.
Die Geschichte habe gelehrt, „dass Kriege niemals eine Alternative sein dürfen und ­niemals eine Lösung sein können“, ertönt nun die Stimme von Ortsamtsleiter Michael Radolla, verstärkt durchs Megafon. Ober­vieland als Teil der Weltgemeinschaft wolle deshalb hier und heute dafür eintreten, „dass dieser grausame Krieg in der Ukraine um­gehend beendet werden muss.“ Denn bereits nach zwei Wochen habe der Krieg unsägliches Leid über die Bevölkerung in der ­Ukraine gebracht: „Es gibt viele Tote und ­Verletzte, Familien sind auf der Flucht, werden auseinandergerissen und verlieren jegliche Hoffnung auf eine Zukunft“, ruft ­Radolla.
Als wenig später auch die letzte Lücke rings um die beiden Gebäude geschlossen ist, stehen zwischen den vielen jungen Menschen auch Erwachsene wie ein älteres ­Ehepaar. „Normalerweise gehe ich zu so etwas nicht hin, aber heute war es mir wichtig“, sagt Elisabeth Mende. Für sie sei es unerträglich, zu wissen, welches Leid der Krieg in die Ukraine gebracht hat. „Dagegen wollen wir ein Zeichen setzen“, so die Frau aus Kattenesch.
Kinder und Jugendliche haben Angst
„Es kann nicht angehen, dass die Kinder in so einer grausamen Welt aufwachsen müssen“, findet Steffi Eilers, die sich im Schulhof postiert hat. Die Tagesmutter ist mit ihren drei kleinen Pflegekindern im Lastenrad gekommen. Aus Gesprächen mit ihrer elfjährigen Tochter weiß sie, dass sich Kinder viele Gedanken machen und Ängste haben, „die ich als Elternteil nur helfen kann, auszuhalten“, so die junge Frau.
Vier Freundinnen aus der Oberstufe machen sich derweil in der Menschenkette ihre eigenen Gedanken. „Der Krieg fühlt sich so nah an“, sagt die 15-jährige Merle Marie. „Viele von uns haben Angst“, erklärt die 17-jährige Nemeh.
Angst davor, dass sie ab ihrem 18. Geburtstag ins Militär geschickt werden könnten und kämpfen müssen. Angst, dass der Krieg auch nach Deutschland kommt. Und vor einem Atomkrieg, falls Putin seine Drohung wahr machen sollte. „Manche fühlen sich auch diskriminiert, weil andere Kriege auf der Welt nicht so stark beachtet werden“, weiß die 15-jährige Lorena.
Russen gehören dazu
„Mir tut es leid, wenn Russen jetzt ange­feindet werden“, findet Kiara. Miterlebt ­haben die vier so eine Situation aber noch nicht. Schließlich könne das Volk nichts für die Entscheidungen seines Präsidenten, ­sagen sie.
Mitorganisator Stefan Markus vom Bürgerhaus ist froh darüber, dass die Stimmung im Stadtteil in diese Richtung zeigt. Immerhin leben viele Russland-Deutsche in Obervieland. Im Gymnasium links der Weser ist Russisch ein Abiturfach.
Markus: „Wir haben extra auch unsere russischen Mitbürger zur Menschenkette eingeladen, weil wir uns als Stadtteil-Gemeinschaft verstehen, die sich Seite an Seite solidarisch zeigt.“